Pr.
Dieter F. Uchtdorf:
„Um
es geradeheraus zu sagen: Es ist auch schon vorgekommen, dass
Mitglieder oder Führer der Kirche schlicht und einfach Fehler
gemacht haben. Es mag etwas gesagt worden oder geschehen sein, was
unseren Wertvorstellungen und Grundsätzen oder unserer Lehre nicht
gerecht wurde.
Ich
glaube, die Kirche ist erst dann vollkommen, wenn sie von
vollkommenen Wesen geleitet wird. Gott ist vollkommen und seine Lehre
ist rein. Er aber arbeitet mit uns – seinen unvollkommenen Kindern
– und unvollkommene Menschen machen nun einmal Fehler.
[…]
So ist es immer gewesen und so wird es immer sein bis zum
vollkommenen Tag, an dem Christus persönlich auf der Erde regieren
wird.
[…]
[A]ll dies tut der ewigen Wahrheit des wiederhergestellten
Evangeliums, wie sie in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der
Letzten Tage zu finden ist, keinen Abbruch und wirft keinen Schatten
auf sie.
[…]
Dies ist die Kirche Jesu Christi. Gott wird es nicht zulassen, dass
seine Kirche von ihrem vorgegebenen Kurs abweicht oder ihre göttliche
Bestimmung nicht erfüllt.“[1]
Bildquelle: LDS Media Library. IRI.[*] |
der Letzten Tage. Dieser Eintrag bezieht sich ganz speziell auf das Leben als Mitglied in der Kirche und auf die drei Phasen meiner Inaktivität.
Vielleicht
sollte ich hier den Begriff der Inaktivität erklären. In der Kirche
sprechen wir von aktiven und inaktiven bzw. weniger aktiven
Mitgliedern. Ein aktives Mitglied ist eines, das regelmäßig zur
Kirche kommt und idealerweise eine Berufung bzw. Aufgabe hat, die es
auch erfüllt. Ein inaktives Mitglied bzw. ein weniger aktives kommt
nicht regelmäßig zur Kirche und hat dadurch auch keine Aufgabe bzw.
Berufung in der Gemeinde.
1. Phase
Ich war nach
meiner Taufe recht aktiv. Ich begleitete den Gesang der Mitglieder am
Klavier, hatte also eine Aufgabe und kam regelmäßig zum
Gottesdienst, und später auch zu den weiteren Versammlungen, sprich
Sonntagsschule und Ältestenkollegiumsklasse. Ich besuchte auch
zeitweise das Seminar. Das ist eine Art Religionsunterricht zu
bestimmten Themen oder Schriften. Ich fand die Zeit im
Seminarunterricht sehr schön. In dieser Zeit habe ich viel aus dem
Buch Mormon gelernt. Ich glaube kaum, dass mein damaliger Lehrer
weiß, wie viel ich ihm zu verdanken habe. Die Aufgabe eines Lehrers
ist eine große.
In dieser
Zeit habe ich auch Tagebuch geschrieben. Wann immer ich darein
schaue, bin ich erstaunt, was ich damals alles getan bzw. auch nicht
getan habe. Ich habe nicht täglich in den Schriften gelesen. Es gab
immer wieder Tage, an denen ich mich geistlich nicht so gut fühlte,
wo ich den Geist Gottes nicht so stark verspürt habe. Das waren die
Tage, an denen ich auch nicht in den Schriften las.
Etwa ein
Jahr nach meiner Taufe, hatte meine Mutter gewisse Probleme mit ein
paar Punkten der HLT-Lehre und der Geschichte der HLT-Kirche. Eines
Abends traf sie sich mit einer Glaubensschwester, die zu diesem
Zeitpunkt nicht mehr zur Kirche kam. Diese erzählte ihr, dass die
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ihre Mitglieder
überwache. Sie erzählte ihr, dass Missionare die Termine mit
Untersuchern und Mitglieder heimlich auf Band mitschneiden und dass
sie heimlich Wanzen und Mikrokameras in den Wohnungen der Mitglieder
installieren. (Es hatte sich später herausgestellt, dass es wohl ein
paar Missionare damals gab, die heimlich die Besuche auf Tonband
aufgenommen haben. Eine Anordnung der Kirche war das aber nicht. Ganz
im Gegenteil.) Meine Mutter war schon nicht mehr so fest in der Lehre
der Kirche. Und da kam solch ein Gerücht zum ungünstigsten
Zeitpunkt. Am selben Abend nach dem Gespräch sagte mir meine Mutter,
dass ich nicht mehr zu dieser 'Kirche' zu gehen habe. Ich wusste
nicht, was ich mit diesen Gerüchten anfangen sollte. Aber weil ich
auf meine Mutter hören wollte, ging ich nicht mehr zur Kirche. An
diesem Abend wurde unsere Familie inaktiv.
Ich weiß
nicht mehr, wie viele Wochen oder Monate verstrichen sind,
bis ich entgegen dem Willen meiner Familie wieder zur Kirche gegangen
bin, aber es muss schon eine lange Zeit gewesen sein. In diesen
Wochen habe ich mich aber nicht von Gott fern gefühlt. Zwar bin ich
nicht am Sonntag in der Kirche gewesen, aber ich betete trotzdem
jeden Abend und las recht regelmäßig in den Schriften. Trotz all
der Gerüchte konnte ich dieses Gefühl, diese Stimme, nicht
vergessen, die zu mir an jenem Abend sprach, an dem ich mich
entschied, mich taufen zu lassen. Das Zeugnis, das ich an jenem Abend
erhielt, konnte ich nicht vergessen. Ich sehnte mich nach dem
Gottesdienst.
So ging ich
eines Sonntags außer Haus, um wieder zurück in die Kirche zu gehen.
Als ich gerade dabei war, die Wohnung zu verlassen, bezeichnete mich
einer meiner Brüder als schwarzes Schaf. Und dies sollte ich auch
für viele Jahre bleiben. Ich war einerseits so glücklich, wieder in
der Kirche zu sein, vom Abendmahl zu nehmen und in der Lehre erbaut
zu werden. Es war wirklich schön, dass ich an diesem Sonntagmorgen,
an dem ich wieder zurück zur Kirche fand, herzlich aufgenommen wurde
– immerhin hatte ich auch Angst, weil ich nicht wusste, ob die
Mitglieder mich wieder aufnehmen würden. Es gab kein Wort der
Kritik. Sondern Worte der Liebe und Zuneigung, Worte der Freude. Ich
fühlte mich wohl in der Gemeinschaft der Heiligen. Aber andererseits
hatte ich durch meine Rückkehr zur Kirche einen schlechten Stand in
meiner Familie. Von diesem Morgen an war ich in den Augen meiner
Familie das schwarze Schaf, ein Fanatiker.
2. Phase
So lebte ich
mein Leben weiter, absolvierte ein Freiwilliges Ökologisches Jahr
und ging danach aufs Gymnasium, um mein Abitur zu machen. In dieser
Zeit war die Gemeinde eine Art Ersatzfamilie. In der Gemeinde fand
ich den Rückhalt, um im Glauben auszuhaaren. Als ich in der 12.
Klasse am Gymnasium war, habe ich mich mehr und mehr für die
Geschichte der Kirche und für den Tempel interessiert. Bald las ich
verschiedene Bücher über die Mormonen: Einige Veröffentlichungen
der Kirche, aber viel mehr Literatur von ehemaligen Mitgliedern der
Kirche. Ich suchte im Internet nach Mormonenliteratur, fand aber
hauptsächlich Berichte von ehemaligen Mitgliedern, die nichts Gutes
über die Kirche zu sagen hatten.
Ich weiß
nicht, was an diesen Berichten wahr, und was falsch war. Ich kann mir
gut vorstellen, dass es örtliche Kirchenführer gab, die ihrer
Aufgabe nicht gerecht wurden, wodurch Mitglieder sich von der Kirche
entfernten. Aber diese Berichte haben mir damals nicht gut getan.
(Oder haben sie mir doch gut getan?) Diese Phase bezeichne ich als
zweite Inaktivität. Ich bin zwar noch regelmäßig zum Gottesdienst
und zu den anderen Versammlungen und Aktivitäten der Kirche
gegangen, aber in meinem Inneren war ich inaktiv. Ich zweifelte stark
an der Wahrhaftigkeit der Kirche. Vor allem, als ich erfuhr, dass es
in der Geschichte der Kirche einen Zeitpunkt gab, an dem die Vielehe
(genauer: die Polygynie) gelebt wurde. Und als ich dann in einem Buch
von der evangelischen Kirche las, wie die Begabungszeremonien im
Tempel geschehen und dass es ein Ankleiden des Heiligen Garments
gibt, welches danach immer unter der normalen Kleidung getragen
werden muss, dachte ich wirklich, dass ich Mitglied einer Sekte
geworden bin.
Hier sollte
ich kurz erklären, was eine Begabungszeremonie und was ein Garment
ist.
'Begabung'
ist das deutsche Wort für den englischen Begriff 'Endowment'.
Aufgrund der sprachlichen und inhaltlichen Nähe zum griechischen
Wort 'enduein' wird heutzutage anstelle des deutschen Begriffs
'Begabung' der englische verwendet. „Ein Endowment ist im
Allgemeinen eine Gabe, aber im engeren Sinn ist es eine Art
Vortragsreihe bestehend aus Unterweisungen, Verordnungen und
Bündnissen, die einzig in geweihten Tempeln der Kirche Jesu Christi
der Heiligen der letzten Tage erteilt werden. Das Wort ''ausstatten''
(griech. enduein),
wie im Alten Testament gebraucht, bedeutet anziehen, einkleiden, ein
Gewand anlegen, Kennzeichen annehmen oder Tugendhaftigkeit
empfangen.“[2]
Die Begabungszeremonie bzw. das Endowment besteht aus vier Aspekten:
(I) Eine zeremonielle Waschung,
Salbung und Ankleidung des Tempelkleids (Garment).
(II) Eine Unterweisung über den
Plan Gottes: Hier wird anhand der Geschichte der Schöpfung der Welt,
der Schöpfung von Adam und Eva, dem Fall von Adam und Eva, deren
Verfluchung und deren Empfang von den Lehren Gottes und gewisser
heiligen Handlungen die gegenwärtige Situation des Menschen und
seinen Ausweg daraus symbolisch dargestellt.
(III) Werden heilige Handlungen
vollzogen, die schon Adam und Eva erhielten. Diese heiligen
Handlungen sind für die Errettung notwendig. Sie umfassen durch
„Bündnis und Versprechen das Gesetz strikter Tugend und Keuschheit
zu befolgen; mildtätig, gütig, tolerant und rein zu sein; Talente
und materielle Mittel der Ausbreitung von Wahrheit und der Erhebung
der Menschheit zu widmen; die Hingabe für die Sache der Wahrheit
aufrechtzuerhalten; und in jeglicher Hinsicht danach zu streben, zu
der großen Vorbereitung beizutragen, so dass die Erde darauf
vorbereitet werden wird ... Jesus Christus zu empfangen“[3].
(IV) Der Tempel und diese
Zeremonien sind auch dazu da, die Gegenwart Gottes wahrzunehmen.
„Durch das Tempelendowment kann man nach ''einer Fülle des
Heiligen Geistes'' streben (LuB 109: 15). Tempelverordnungen werden
als ein Mittel betrachtet, um Inspiration und Anleitung durch den
Heiligen Geist zu empfangen und um sich darauf vorzubereiten in die
Gegenwart Gottes zurückzukehren.“[2] [2]
Der aus dem
Englischen stammende Begriff 'Garment' heißt auf deutsch 'Stoff'
oder 'Kleid' im Sinne von 'Kleidung'. „Der Begriff Garment hat für
die Mitglieder der Kirche Jesu Christi eine ganz besondere Bedeutung.
[…] Nachdem die Mitglieder rechtschaffene Bündnisse geschlossen
haben [d.h. das Endowment empfangen haben], tragen sie das Garment
ihr ganzes Leben lang rund um die Uhr unter ihrer normalen Kleidung,
damit sie dadurch u.a. an die heiligen Bündnisse, die sie mit Gott
geschlossen haben, erinnert werden. Das weiße Garment symbolisiert
Reinheit und hilft dem Träger dabei, anständige Kleidung
auszuwählen und Respekt vor den Eigenschaften Gottes zu empfinden.
Wenn man das Garment heilig hält, kann es auch als Symbol für die
Rüstung Gottes, wie sie von Paulus beschrieben wurde, angesehen
werden (Eph.
6:13; vgl. LuB
27:15). Es ist ein
äußeres Zeichen als Ausdruck einer inneren Verpflichtung und
symbolisiert die christusähnlichen Eigenschaften, die man während
seines Lebens erwerben soll. Auf den Garments befinden sich mehrere
einfache Zeichen, die auf die Evangeliumsgrundsätze Gehorsamkeit,
Wahrheit, Leben und Nachfolge Christi hinweisen sollen. […] In
einer messianischen Schriftstelle verkündete Jesaja: 'Von Herzen
will ich mich freuen über den Herrn. / Meine Seele soll jubeln über
meinen Gott. / Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, / er
hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit' (Isa.
61:10).“[4]
Die Worte
und Roben der Begabungszeremonie schienen mir komisch. Und dann noch
das Garment. Wie konnte es sein, dass eine Kirche den begabten
Mitgliedern (d.h. die Mitglieder, die die Begabung im Tempel
empfangen haben) vorschreibt, welche Unterwäsche sie zu tragen
haben? Was ich damals nicht verstand ist, dass das Konsumieren von
Literatur, die sich gegen die HLT-Kirche ausspricht, meist nicht
objektiv ist. Solche Literatur befasst sich nicht mit der Theologie
der HLT-Kirche, sie versucht nicht die Lehre der Kirche in ihrem
eigenen theologischen Kontext zu verstehen, sondern die Lehren und
Praktiken der Kirche durch Polemik zu diffamieren oder auf Grundlage
anderer Theologien zu bewerten, wodurch es nicht selten zu
Missverständnissen und Fehldarstellungen kommt.
Nach vielen
Monaten des Zweifelns und Lesens fand ich eines Tages einen
Blogeintrag von einem ehemaligen Mitglied der Kirche, der, obwohl er
nicht mehr zur HLT-Kirche ging, nicht leugnen konnte, dass das Buch
Mormon von Gott stammt. Sein Zeugnis vom Buch Mormon war
unverrückbar. Er gab auf seinem Blog ein machtvolles Zeugnis von
dessen Göttlichkeit. Seine Worte trafen mich mitten ins Herz und ich
wurde an meine heiligen Erlebnisse mit Gott erinnert.
Ich erkannte
auch, dass viele Anti-Mormonen-Websites sich teilweise widersprachen.
Und letztlich habe ich erkannt, dass die Wahrheit oder Falschheit des
Buches Mormon nur durch Gott offenbart werden konnte. Alle
Religionen, Glaubensgemeinschaften und Philosophien unterscheiden
sich untereinander. Daher kann nur Gott über die Wahrheit oder
Falschheit eines Glaubens oder einer Ansicht urteilen. Wenn also das
Buch Mormon wirklich von Gott kommt und die HLT-Kirche mit all ihren
religiösen Lehren und Praktiken die einzig wahre Kirche in den Augen
Gottes ist, dann müsste er mir ja antworten. Und oh Wunder, er hatte
mir ja schon in der Vergangenheit geantwortet. Und er hatte mir auch
in dieser Zeit des Zweifelns immer und immer wieder Antworten
gegeben.
Diese Zeit des Zweifelns brachte etwas Gutes mit sich, denn ich
erkannte, was es heißt zu glauben: „Glaube heißt nicht, daß man
eine vollkommene Kenntnis von etwas hat; wenn [man] darum Glauben
[hat], so hofft [man] auf etwas, was man nicht sieht, was aber wahr
ist.“ (Buch Mormon, Alma 32:21.)[5]
Ist der Glaube also nun blind? Nein! Der Glaube ist eine Hoffnung auf
etwas, das man nicht vollständig versteht. Dieses Etwas ist aber
wahr. Man weiß um diese Wahrheit. Da man aber nicht alle Werke
Gottes versteht, sind wir auf Glauben angewiesen.
Einsam
unter vielen
Als ich in
der 13. Klasse des Gymnasiums war, gab es eine Zeit, in der ich mich
nicht nur von meiner Familie, sondern auch von meiner Kirchgemeinde
alleingelassen fühlte. Der ständige Streit meiner Eltern und das
ungute Verhältnis zwischen mir und meiner Familie aufgrund meiner
religiösen Überzeugung nagten an meine Psyche. Gerade in dieser
Zeit hätte ich der Hilfe meiner Kirchgemeinde bedurft.
Zu diesem
Zeitpunkt wurden mehrere Studenten von unserer Uni getauft und ein
Jugendprogramm mit Religionsklassen und Aktivitäten gestartet. Ich
verbrachte viel Zeit in der Gemeinde. Hier fühlte ich mich wohl,
denn zu Hause gab es nur Streit und ungute Gefühle. Die Studenten
liebten die englische Sprache und die amerikanische Kultur. So kam es
dazu, dass bei einigen Aktivitäten auf Englisch gesprochen wurde.
Ich wurde gefragt, ob mich das stören würde. Natürlich habe ich
dies verneint. Ich wollte ja nicht stören. Ich sagte mir dann, dass
es nur gut sein kann, meine Englischkenntnisse aufzubessern. Aber im
Laufe der Zeit fühlte ich mich ausgeschlossen. Alle sprachen
Englisch. Aber ich verstand vielleicht gerade mal ein Drittel von
dem, was gesagt wurde. Ich gebe den verantwortlichen Jugendlichen
keine Schuld. Diese Jugendlichen waren erst neu in der Kirche und
unerfahren und zudem haben sie mich gefragt, aber ich war es, der
nicht die Wahrheit gesagt hat. Dieses Alleinsein unter vielen
Jugendlichen war eine schwere Last für mich. Gerade für mich
Introvertierten und Schüchternen schien es unmöglich zu sagen, wie
ich mich fühlte und was ich wollte. Stattdessen habe ich ein frohes
Gesicht aufgesetzt. Was am Anfang wie ein Glas Wasser schien, wurde
im Laufe der Zeit zu einem meergroßen Problem.[6]
Dieses
Gefühl trug ich mit mir rum und keiner in der Gemeinde bemerkte, wie
ich mich fühlte. Abgesehen von einer Schwester, die mir gut
zuredete. Allein diese Geste hat mir gut getan. Durch ihre Worte hat
sich meine Sicht geändert und ich fing an, meine Gedanken und
Wünsche auszusprechen. Und die Jugendlichen und Missionare sprachen
dann meistens Deutsch in meiner Gegenwart. In der Kirche läuft nicht
immer alles so, wie es in den Richtlinien der Kirche vorgeschrieben
steht.[7]
Aber daraus habe ich gelernt, dass es wichtig ist, meine Bedenken zu
äußern, anderen zu vergeben und meine Sicht zu ändern.
Freude am
Lernen
Recht früh
zu Anfang meiner Mitgliedschaft habe ich am wöchentlichen
Seminarunterricht teilgenommen. Der Seminarunterricht ist ein Seminar
zu den Heiligen Schriften[8]
der HLT-Kirche für unter 18-jährige. Zu dieser Zeit haben wir das
Buch Mormon durchgenommen. Es war wirklich eine schöne Zeit. Ich
habe viel für mich aus diesem Seminar mitgenommen. Hier habe ich
gelernt, was es heißt, an Gott zu glauben und gemäß dem Glauben zu
leben. Die Zeit des Seminars war für meinen religiösen Lebensweg
grundlegend. Aber wenn ich so darüber nachdenke, war das Seminar für
mein ganzes Leben nach der Taufe grundlegend. Durch das Seminar habe
ich auch gelernt, wie das Lesen in der Heiligen Schrift eigentlich
aussehen muss. Lesen in der Schrift heißt eigentlich in der Schrift
zu forschen, d.h. in die Tiefe der Bedeutungen von einzelnen Versen,
Sätzen und Wörten zu gehen.
Am Sonntag
besuchte ich die Sonntagsschule. Auch hier wurde über Themen aus den
Schriften gesprochen. Ich mochte besonders einen Lehrer, der zu
dieser Zeit Medizin studierte. Seine Einsichten halfen mir sehr.
Später als
ich 18 wurde, besuchte ich die Kurse des Religionsinstituts. Diese
sind das Pendant der Seminarkurse. Die Kurse des Religionsinstituts
halfen mir nicht nur ein tieferes Verständnis für die HLT-Lehre zu
erlangen, sondern sie halfen mir durch meine 2. Phase der
Inaktivität. Der Lehrer, der damals den Seminarkurs und auch die
Institutskurse belehrte, weiß vielleicht gar nicht, wie sehr er mir
damals geholfen hatte. Ich bin ihm so dankbar. Wirklich! Lehrer sind
in der Kirche Gottes so wichtig, denn „bei dem, was die Kirche tut,
geht es im Grunde genommen um die Unterweisung der Mitglieder im
Evangelium.“[9]
„Niemand hat eine größere Verantwortung als jemand, der Gottes
Kinder unterrichtet.“[10]
Und er hat aus meiner Sicht, seine Verantwortung erfüllt.
Ich las viel
im Buch 'Lehre und Bündnisse' und auch im alten Testament. Ich habe
bei Weitem nicht alles verstanden. Ich las aber trotzdem weiter und
fühlte den Geist Gottes, wann immer ich in den Büchern las. Zu den
Seminarkursen und Kursen des Religionsinstituts gibt es auch
Leitfäden zu den Heiligen Schriften, in denen ich auch besonders ab
meinem 18. Lebensjahr gelesen habe. Ich liebte das Lesen so sehr,
dass es zu meiner Hauptbeschäftigung wurde. (Und heute? Heute
studiere ich Englisch, Philosophie und Geschichte auf Lehramt. Drei
Fächer, in denen das Lesen die Haupttätigkeit ist.)
Missionszeit
in Frankreich
Nach meinem
Abitur ging ich für zwei Jahre nach Frankreich, um mit den Menschen
auf der Straße und in deren Häusern über das Evangelium zu
sprechen. Wir verbreiteten unsere besondere Botschaft, dass nämlich
Gott heute durch seine Propheten spricht und durch diese Propheten
die Urkirche Christi mit allen für die Erlösung der Menschheit
notwendigen Lehren und Priestertumsvollmachten auf der Erde erneut
gegründet hat. Noch bevor ich nach Frankreich ging, bin ich oft mit
den Missionaren aus meiner Kirchgemeinde auf die Straße gegangen.
Oft habe ich mit den Missionaren Menschen besucht und belehrt. In
Frankreich war ich dann selbst ein Missionar und habe mit vielen
Menschen gesprochen. Ich kannte die Sprache überhaupt nicht, aber im
Laufe der Zeit habe ich sie erlernt. Als Missionar tut man nichts
anderes als jeden Tag für zwei Jahre das Evangelium Jesu Christi in
den Heiligen Schriften zu erforschen und es mit jedem auf der Straße
zu teilen. Während dieser Zeit habe ich noch mehr über das
Evangelium gelernt. Ich habe jeden Tag solch ein Maß an heiligem
Geist gespürt, dass ich es kaum beschreiben kann. Jeden Tag traf ich
auf Menschen, die Gott uns auf unsere Pfade gesetzt hat, damit diese
vom Evangelium hören. Auf Mission habe ich einige Wunder erlebt.
Manche sind zu heilig, als dass ich sie hier veröffentlichen würde.
Auch gibt es zu viele Erlebnisse, um sie hier zu veröffentlichen.
Daher soll ein Tagebuchausschnitt über ein prägendes Erlebnis von
meiner Mission genügen.
„Bergerac, Mittwoch, den 07. November 2007.
Ich bin dankbar, ein Missionar der Kirche Jesu Christi der Heiligen
der Letzten Tage zu sein. […] Während meiner Mission habe ich
viel über meinen Erlöser Jesus Christus gelernt. Ich habe erkannt,
dass er im Mittelpunkt aller Botschaften, Theorien, Prinzipien und
Lehren steht. Auch habe ich von Zeit zu Zeit seine Liebe in meinem
Leben und im Leben derer, die wir als Missionare belehrt haben,
verspürt.
Es gab einen Tag – ich glaube, es war Donnerstag, der 4. Oktober
2007 – an dem ich ein geistiges Erlebnis hatte, von dem ich viel
gelernt habe, ja, ein Ereignis, das mich geprägt hat. […] Mein
Mitarbeiter und ich haben versucht bei einigen Kontakten
vorbeizuschauen. Aber wir hatten kein Glück. Und dann fing es auch
noch zu regnen an. Als Missionar mochte ich den Regen nicht. Aber
glücklicherweise hatten wir unsere Regenschirme dabei. Der Regen
wurde jedoch immer stärker, und obwohl wir versucht haben, nicht
nass zu werden, waren wir am Ende völlig durchnässt. Von allen
Seiten kam der Regen und ich fühlte mich, als ob ich gerade eine
Dusche oder auch ein Bad mit meinem Anzug und Schuhen genommen hätte.
Und dann war es auch noch kalt. Aber wir waren auf dem Weg zu einem
Termin im Freien mit einem Neubekehrten der Kirche. Es hat so stark
geregnet, dass sogar die Straßen überflutet wurden. In solch einem
Moment […] hätte ich eigentlich verärgert reagiert, jedoch
empfand ich große Freude, wie ich sie nur in äußerst heiligen
Momenten, in denen mein Herz sich wandelt, verspüre. Ich war
glücklich, dieses kleine Leiden für den Herrn zu ertragen. Wir sind
[schließlich] am Treffpunkt unseres Termins angekommen und sahen
unseren Bruder James Thomas[11],
der nicht nass geworden war. [Inzwischen hatte auch der Regen wieder
aufgehört.] Ich dachte, dass er aufgrund des Regens nicht da sein
würde, aber das Gegenteil war der Fall. [Wir hatten eine wunderbare
Belehrung, obwohl mein Mitarbeiter und ich völlig durchnässt waren
und der Wind kalt war.]
In unserer Mission haben wir [eine] Regel, die besagt, dass man
selbst dann nicht zu Hause bleiben darf, wenn das Wetter nicht gut
ist. Und so irrsinnig [diese Regel] auch klingen mag, war ich doch
glücklich, diese Missionsregel in diesem Moment [auf diese Art und
Weise] zu befolgen. [Natürlich sind wir nach dem Termin mit Bruder
James Thomas nach Hause gegangen, haben uns umgezogen und sind dann
wieder rausgegangen, um zu arbeiten.]
Im Alten Testament der Bibel lesen wir im Deuteronomium 10:12-13
'Nun, Israel, was fordert der Ewige, dein Gott von dir, als den
Ewigen, deinen Gott, zu fürchten, um auf all seinen Wegen zu
wandeln, und den Ewigen, deinen Gott, zu lieben und zu dienen, mit
all deinem Herzen und all deiner Seele; die Gebote des Ewigen zu
achten und auf seine Gesetze zu achten, die ich dir heute
vorschreibe, damit du Freude habest?' (Louis-Segond-Übersetzung)[12]
'Damit du Freude habest', genau das habe ich verspürt. Weil ich die
Missionsregel befolgte, wurde ich mit einem Gefühl des Glücks
gesegnet. [Für dieses Erlebnis] liebe ich Gott … .
Und so wie die Apostel froh waren für den Namen Jesu mit Ruten
geschlagen zu werden [oder sogar gesteinigt zu werden] und in seinem
Namen auch Schmähung zu ertragen, war auch meine Freude voll[, als
ich dieses kleine Leid ertragen durfte,] und ich erkannte, dass man
durch aller Art Leid gehen muss (Apostelgeschichte 5:40-42). [Am Ende
ist] die Herrlichkeit viel größer als das Leid. Daher müssen wir
folgendes tun: Wir müssen bis ans Ende ausharren und die Freude
Christi in unserem Leben verspüren. Dann kann uns nichts
[überwinden].“
Nach
meiner Mission
Am
Ende meiner Mission bin ich zurück in meine Geburtsstadt gegangen.
Da meine Familie gegen die Kirche war und mich nicht in meinem
Lebensweg 'Kirche' und 'Mission' unterstützten, bin ich alleine nach
Hause gegangen. Es gab kein 'Welcome home'. Dass ich wieder zu Hause
war, war eben so. In dieser ersten Nacht zu Hause habe ich geweint.
Geweint, weil ich zwar von meiner Familie umgeben war, aber sie doch
so fern war. Und so vergingen die Monate. Zu meinem Bruder Andreas[11]
hab ich nun keinerlei Kontakt mehr. Er möchte nichts mehr mit mir zu
tun haben. In dieser Zeit habe ich auch mit der Ahnenforschung
begonnen.
Die
Ahnenforschung ist für Mormonen besonders deswegen wichtig, weil wir
daran glauben, dass man mit der ganzen Großfamilie für immer
zusammen sein kann. Dazu ist es wichtig, dass deren Namen ermittelt
werden und stellvertretende Heilige Handlungen im Tempel vollzogen
werden, die die Generationen miteinander und mit Gott binden.
Als
nun mein anderer Bruder August[11]
das mitbekommen hatte, hatte auch er jeglichen Kontakt mit mir
abgebrochen. In der Zwischenzeit hat sich das Verhältnis zwischen
ihm und mir zu einen Small-Talk-Verhältnis entwickelt.
Meine
Schwester Lotti[11]
ist die Einzige von meinen Geschwistern, die nicht komplett anti
hinsichtlich der HLT-Kirche ist. Sie versteht mich wohl am ehesten.
Sie sieht mich zwar noch als Fanatiker, aber nicht als herzlosen
Fanatiker. Ich liebe meine Geschwister und meine Familie wirklich
sehr. Aber manchmal ist es gerade die Familie, die jemanden vor eine
Wahl stellt, die niemand haben möchte.
Manchmal
stellt die Familie das eigene Familienmitglied vor die Wahl zwischen
Kirche oder Familie. In meinem Fall war es so ähnlich. Ich bin zwar
nicht aus der Familie ausgestoßen. Aber ich habe, seitdem ich zur
Kirche zurückgefunden habe, keinen guten Stand und kein gutes
Verhältnis mehr. Durch meine Mission ist das Verhältnis zu meiner
Familie noch schlechter und teilweise sogar gebrochen worden. Es
scheint so, als ob mein Kirchen- und Missionsglück einen Teil meiner
Familie gekostet hat. Und hierin liegt die Ironie des Schicksals:
Obwohl die Kirche (i) für den Erhalt der Familie ist, (ii) ihre
Mitglieder auch auffordert, stets ein gutes Verhältnis zur Familie
zu haben und (iii) die gesamte HLT-Theologie lehrt, dass die Familie
ein ewiges und göttliches Prinzip ist, bewirkt das Evangelium
manchmal genau das Gegenteil im Leben einzelner Menschen.
Christus
hat „nicht ein[en] Gott der Unordnung, sondern ein[en] Gott
des Friedens“ (1. Korinther 10:33, EinhÜ)
verkündet und seine Anhänger aufgefordert, Frieden zu stiften
(Matthäus 5:9 EinhÜ). Der Prophet Jesaja hatte Jesus Christus sogar
als „Fürst des Friedens“ (Jesaja 9:5, EinhÜ) bezeichnet.
Christus beschrieb seinen Frieden, den er uns gibt, jedoch
folgendermaßen: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen
Frieden gebe ich euch; nicht einen
Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch.“
(Johannes 14:27, EinhÜ, Hervorhebung hinzugefügt.) Der Friede
Christi ist nicht von dieser Welt. Vielleicht ist das der Grund,
warum Christus an anderer Stelle sagte: „Denkt nicht, ich sei
gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen,
um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin
gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und
die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer
Schwiegermutter; und die Hausgenossen eines Menschen werden
seine Feinde sein.“ (Matthäus 10:34-36,
EinhÜ.) Ich habe erkannt, dass das von Jesus Christus kommende
Evangelium des Friedens unweigerlich zum Kampf führt (Epheser
6:10-17, 13, 15, EinhÜ). Dieser muss nicht immer mit anderen
Menschen oder der eigenen Familie ausgefochten werden. Aber es kann
genau dazu kommen.
Ich
entschied mich für Gott und seine Kirche, weil ich nicht anders
konnte. Ich bin bei Weitem nicht perfekt und nicht so christlich, wie
ich es gerne sein würde, aber ich könnte niemals Gott und seine
Kirche verleugnen. Nicht nach all den Zeugnissen, die er mir gegeben
hat. Letztlich kann man also sagen, dass aus der Sicht meiner Familie
ich mich für den fiktiven mormonischen Gott und der Mormonenkirche
entschied. Aus deren Sicht habe ich einen Teil meiner Familie
verloren. Aber das stimmt nur gewissermaßen. Den äußeren
Familienfrieden habe ich verloren. Meine Sicht der Dinge ist jedoch
die: Ich habe die Hoffnung, dass alles Gut wird, gerade weil ich mich
für Gott und seine Kirche entschieden habe. Indem ich Gott folge,
kann ich die Grundlage legen, die es meiner Familie und mir
ermöglicht, für immer im Familienbund zu leben. Aus meiner Sicht
habe ich mich für einen Familienfrieden entschieden, der nicht von
dieser Welt ist, sondern durch die Verdienste Christi und meinem
Glauben von Gott kommt. Ich habe mich für Gott und eine mögliche
ewige Familie entschieden.
3. Phase
Nach
meiner Mission wurde ich zum Gemeindemissionsleiter meiner
Kirchgemeinde berufen. Später kam dann noch die Berufung des 1.
Ratgebers in der Zweigpräsidentschaft hinzu. Ein
Gemeindemissionsleiter gehört zu den örtlichen Führungspersonen
einer Kirchgemeinde, der die Bemühungen der Mitglieder und der
Missionare in Sachen Missionsarbeit miteinander koordiniert und die
Mitglieder zur Missionsarbeit motiviert.
Um die
Berufung '1. Ratgeber in der Zweigpräsidentschaft' zu erklären,
müssen vorher noch ein paar weitere Begriffe geklärt werden. In der
HLT-Kirche wird zwischen Gemeinde und Zweig unterschieden. Ein Zweig
ist eine zahlenmäßig kleine Gemeinde. Der Leiter dieser kleinen
Gemeinde ist der Zweigpräsident. Jeder Präsident hat zwei Ratgeber.
Ich bin der 1. Ratgeber. (In Anbetracht des Themas habe ich hier nur
eine kurze und unvollständige Erklärung gegeben.)
Ich
bin also in der Gemeindeleitung tätig. Diese Aufgabe ist nicht immer
leicht, gerade weil viele der Berufung ehrenamtlich und unentgeltlich
sind. Die Aufgaben eines Kirchgemeindeleiters verringern sich dadurch
aber nicht. Neben der Zweigpräsidentschaft gibt es weitere
Führungspersonen, die sich um bestimmte Bereiche der Gemeindeleitung
kümmern. Diese kommen regelmäßig in einen Gemeinderat zusammen, um
über die Belange der Gemeinde zu beraten. Typische Themen bzw.
Aufgaben sind: (i) Menschen durch Taufe zur Kirche bringen, (ii)
Reaktivierung von Mitgliedern, die nicht mehr zur Kirche kommen,
(iii) Aktiverhaltung der Mitglieder, die regelmäßig zur Kirche
kommen, (iv) Stärkung des Einigkeitsgefühls der gesamten Gemeinde
und (v) Beaufsichtigung der Planung von Aktivitäten für die
Gemeinde.
Nach
meiner Mission war ich sehr motiviert in puncto Missionsarbeit und
ich dachte, dass die Mitglieder des Gemeinderats die gleiche
Motivation mit mir teilen. Aber ich bekam im Laufe der Zeit das
Gefühl, dass dem nicht so war. Wenn ich das so schreibe, meine ich
damit nicht, dass der Gemeinderat nur faul rumsaß. Ganz im
Gegenteil. Unser Gemeinderat hat viel gute Arbeit geleistet.
Wirklich! Das Gefühl, das ich hatte, war mein eigenes Gefühl,
welches die Wirklichkeit nicht vollends widerspiegelte. Ja, der
Gemeinderat könnte proaktiver und motivierter hinsichtlich der
Missionsarbeit sein. Aber andererseits ist es für Mitglieder nicht
so leicht, so missionarisch tätig zu sein, wie es die
Vollzeitmissionare sind.
Ich,
als zurückgekehrter Vollzeitmissionar, war noch voller Visionen, wie
ich Menschen zur Kirche bringen könnte. Ich verstand aber nicht,
dass die Mitglieder durch Familie, Arbeit, Kirchenberufung, Freunde
so belastet sind, dass kaum noch Zeit für die Art von Missionsarbeit
ist, wie ich sie mir damals ausgemalt hatte. Ich hatte damals keine
Arbeit und keine eigene Familie. Heute sehe ich die Dinge anders.
Neben dem Vater- und Ehemannsein, neben dem Freundsein und der
Kirchenberufung bleibt nicht viel Zeit. Meine Vision von
Missionsarbeit ist aber geblieben.
Damals
fiel ich in ein geistiges Loch: meine 3. Phase der Inaktivität. Ich
konnte nicht mehr Vollzeitmissionar sein und ich hatte das Gefühl,
dass der Gemeinderat nicht so missionsfreudig war und daher wurde ich
demotiviert. Ich hatte keine Lust noch irgendetwas zu machen. Mir
fehlte der Rückhalt der Familie. In dieser Zeit halfen mir Freunde
in der Kirche.
Ich
bin meinen Freunden wirklich dankbar. In dieser Zeit hatte mich auch
der Herr Gott auf die Segnung der Freundschaft hingewiesen. So zeigte
er mir eines Abends folgende Schriftstelle: „Deine Freunde
stehen doch zu dir, und sie werden dich wieder willkommen heißen,
mit warmem Herzen und freundlicher Hand.“ (Lehre
und Bündnisse 121:9.) Ich bemerkte: „Der Freund erweist zu jeder
Zeit Liebe“ (Sprüche 17:17, EinhÜ). Das taten sie. Danke! Danke!
Und so
kam ich langsam aus diesem Loch des Heimwehs nach der Vollzeitmission
und der Demotivation gekrochen. Seitdem hat sich meine Sicht
geändert. Ich habe erkannt, dass meine Vollzeitmission weder am
Anfang meiner Vollzeitmission begonnen hatte, noch dass sie mit deren
Ende aufgehört hatte. Meine Vollzeitmission begann schon vor meiner
Geburt. Damals entschied ich mich für den Plan Gottes und kam auf
die Erde. Und heute nach meiner 'Vollzeitmission' in Frankreich bin
ich noch immer auf Vollzeitmission. Mein ganzes Leben ist eine
Vollzeitmission. Es gibt lediglich in jedem Lebensabschnitt
unterschiedliche Aspekte der einen großen Vollzeitmission.
Ich
bin auch nicht mehr so demotiviert hinsichtlich meiner
Kirchenberufung. Ich weiß, dass wir alles Menschen sind und mit
vielerlei Fehler behaftet sind. Wir alle versuchen, unsere Fehler zu
überwinden. Und wir alle werden manchen Fehler mit in das Grab
nehmen. Aber jeder im Gemeinderat bewirkt auch etwas Gutes. Jeder
hilft auf seine Art und Weise, das Missionswerk des Herrn
voranzubringen. Und stetig machen wir als Gemeinderat Fortschritt und
werden besser. Dafür bin ich dankbar.
Fazit
Jetzt
sitze ich hier, schreibe an diesem Blogeintrag und betrachte den
Weihnachtsbaum in meinem/unserem Wohnzimmer. Ja, richtig gehört.
MEIN/UNSER Wohnzimmer. Durch Gott habe ich eine eigene Familie
erhalten. Man könnte auch sagen, durch die Gemeinde ist mir eine
Frau geschenkt worden. Wenn mich meine Gemeinde nicht immer wieder in
der Vergangenheit aufgefangen hätte, wenn mich nicht Brüder und
Schwestern der Gemeinde belehrt hätten, wie wichtig Gott und eine
ewige Familie ist, wäre ich nie auf Mission gegangen. Und ich weiß,
dass ich meine Familie nur habe, weil ich Gott, trotz all meiner
Fehler, versucht habe treu zu bleiben. Denn noch bevor ich auf
Mission gegangen bin, habe ich in einem Gebet erfahren, dass ich
meine Frau durch meine Mission treffen werde. Als ich auf meinem
Heimweg von der Mission war, hatte Gott mir gesagt, dass alles Gut
sein wird und ich meine Frau treffen werde. Und was ist passiert?
Zwei Tage, nachdem ich von der Mission zurück gewesen bin, habe ich
die Frau getroffen, mit der ich heute glücklich verheiratet bin und
zwei süße kleine Kinder habe, die mir viel Freude bereiten. Durch
die Gemeinde wurde in meinem Leben der Grundstein für eine ewige
Familie gelegt. Danke! Danke, liebe Glaubensschwestern und -brüder!
Danke Präsident Kopischke, dass Sie mich auch wachgerüttelt haben
;) ! Danke! Gott sei Dank!
________________________________________
Fußnoten
Fußnoten
1 Pr.
Dieter F. Uchtdorf: Kommen Sie zu uns! In: Generalkonferenz der
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Oktober 2013.
https://www.lds.org/general-conference/2013/10/come-join-with-us?lang=deu,
2013-12-05, 02:38.
2 Burton,
Alma P.: Endowment.
In: Ludlow, Daniel H., ed. (1992): Encyclopedia of Mormonism, p.
454-456. Digital publisher: Harold B. Lee Library, Brigham Young
University.
http://contentdm.lib.byu.edu/cdm/compoundobject/collection/EoM/id/4391/rec/1,
2013-09-09, 22:22. Deutsche Übersetzung entnommen aus: South German
Mission (Hg.): Die Enzyklopädie des Mormonismus, 2010.
http://www.mormonismus-enzyklopaedie.de/Endowment.html,
2013-09-09, 22:19.
3Talmage,
James E.: House
of the Lord.
Salt Lake City 1968, S. 84. Zitiert in: Burton, Alma P.: Endowment.
In: Ludlow, Daniel H., ed. (1992): Encyclopedia of Mormonism, p.
454-456. Digital publisher: Harold B. Lee Library, Brigham Young
University.
http://contentdm.lib.byu.edu/cdm/compoundobject/collection/EoM/id/4391/rec/1,
2013-09-09, 22:22. Deutsche Übersetzung entnommen aus: South German
Mission (Hg.): Die Enzyklopädie des Mormonismus, 2010.
http://www.mormonismus-enzyklopaedie.de/Endowment.html,
2013-09-09, 22:19.
4 Marshall, Evelyn T.: Garments. In: Ludlow, Daniel H., ed. (1992): Encyclopedia of Mormonism, p. 534-535. Digital publisher: Harold B. Lee Library, Brigham Young University. http://contentdm.lib.byu.edu/cdm/compoundobject/collection/EoM/id/4391/show/3719, 2013-06-06, 12:39.
Deutsche
Übersetzung entnommen aus: South German Mission (Hg.): Die
Enzyklopädie des Mormonismus, 2010.
http://www.mormonismus-enzyklopaedie.de/Garments.html,
2013-09-09, 21:52.
5 Zitat
aus Alma 32:21 mit leichten Veränderungen, die mit eckigen Klammern
versehen sind.
6 „Eine Psychologin schritt während eines Stress-Management
Seminars durch den Zuschauerraum. Als sie ein Wasserglas hoch hielt,
erwarteten die Zuhörer die typische Frage: „Ist dieses Glas halb
leer oder halb voll?“ Stattdessen fragte sie mit einem Lächeln
auf dem Gesicht: „Wie schwer ist dieses Glas?“
Die Antworten
pendelten sich zwischen 200g bis 500g ein.
Die Psychologin
antwortete: „Das absolute Gewicht spielt keine Rolle. Es hängt
davon ab, wie lange ich es halten muss. Halte ich es für eine
Minute, ist es kein Problem. Wenn ich es für eine Stunde halten
muss, werde ich einen leichten Schmerz im Arm verspüren. Muss ich
es für einen ganzen Tag halten, wäre mein Arm taub und
paralysiert. Das Gewicht des Glases ändert sich nicht, aber umso
länger ich es halte, desto schwerer wird es.“ Sie fuhr fort:
„Stress und Sorgen im Leben sind wie dieses Glas mit Wasser. Denke
über sie eine kurze Zeit nach und sie hinterlassen keine Spuren.
Denke über sie etwas länger nach und sie werden anfangen dich zu
verletzen. Wenn du über deine Sorgen den ganzen Tag nachdenkst,
wirst du dich irgendwann wie paralysiert fühlen und nicht mehr in
der Lage sein, irgendetwas zu tun.“
Es ist
wirklich wichtig sich in Erinnerung zu rufen, den Stress und die
Sorgen auch mal Beiseite zu schieben. Tragt sie nicht in den Abend
und in die Nacht hinein. Denkt daran, dass Glas einfach mal
abzusetzen!!!!!“ (Anonymus: Zum Nachdenken. Von: Manuela Eder,
Text mit Foto hochgeladen am 22. August 2013, 09:17pm.
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=3482701843939&set=a.1037472594736.5221.1763156372&type=1&theater,
2013-09-16, 00:31.)
7 So
heißt es bspw. im aktuellen Handbuch 2 der HLT-Kirche:
„Diejenigen,
die eine Aktivität planen, bemühen sich ganz besonders darum, neue
Mitglieder, weniger aktive Mitglieder, Jugendliche, Alleinstehende,
Menschen mit einer Behinderung und Menschen anderer
Glaubensrichtungen mit einzubeziehen. Außerdem berücksichtigen sie
besondere Lebensumstände der Teilnehmer, wie etwa körperliche
Einschränkungen, die Familiensituation, kulturelle Unterschiede
oder verschiedene Sprachzugehörigkeit.“
(Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (2010): Handbuch
2. Die Kirche führen und verwalten, Salt Lake City: IRI, 13.2.3, S.
114f. https://www.lds.org/bc/content/shared/content/german/pdf/language-materials/08702_deu.pdf?lang=deu,
2013-04-15, 14:24.)
8 Sprich
die Bibel mit dem Alten und Neuen Testament, das Buch Mormon, das Buch 'Lehre und Bündnisse' sowie das Buch 'Die Köstliche Perle'.
9 Gordon
B. Hinckley, in: Conference Report, Oktober 1962, S. 72. Aus: Kirche
Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.): LEHREN, DIE
GRÖSSTE BERUFUNG. Nachschlagewerk für die Unterweisung im
Evangelium, 2000 Salt Lake City: IRI, S. 3.
10 David
O. McKay, in: Conference Report, Oktober 1916. Aus: Jeffrey R.
Holland: Ein Lehrer, der von Gott gekommen ist. In: Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage (Hg.): Der Stern, Vol. 124 Nr.
07 (Juli 1998), S. 26-28, S. 26.
11 Name
geändert.
12 Deuteronomium
10:12-13 der französischen Louis-Segond-Übersetzung der Bibel
wurde vom Autor dieses Blockeintrags übersetzt.
* Bildquelle: LDS Media Library. Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/media-library/images/sacrament-307852?lang=eng&category=, 2014-07-31, 00:06.
* Bildquelle: LDS Media Library. Intellectual Reserve, Inc. https://www.lds.org/media-library/images/sacrament-307852?lang=eng&category=, 2014-07-31, 00:06.
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